• Panther Games: Command Ops - Highway to the Reich REVIEW

    Falls der geneigte Leser gerade annimmt, ich hätte in der Retro Kiste gekramt und das im Jahr 2003 von Panther Games erschienene Strategiespiel, mit dem nahezu gleich lautenden Titel getestet, liegt er falsch. "Command Ops: Highway to the Reich" ist das brandneue Add-On zu "Command Ops: Battle from the Bulge" und setzt den Besitz des Hauptspiels voraus.

    Um die ganze Sache schnell zu entwirren hier der chronologische Hintergrund der Serie: Im Jahr 2002 veröffentlichte Panther Games "Airborne Assault: Red Devils Over Arnhem". Bei dem Spiel handelte es sich mehr oder weniger um eine Indie-Produktion, welche für rund 10,- Euro zu haben war. Das Spiel umfasste nur ein Szenario, die Schlacht in Raum Oosterbeek und Arnheim sowie der Kampf um die Brücke von Arnheim - im Rahmen der Operation Market Garden. - selbst. "Airborne Assault: Red Devils Over Arnhem" wurde gerade zu einer Zeit released, als Wargaming auf dem Computer als Tot gesagt galt. Neuerscheinungen, insbesondere mit guter Qualität, waren ziemliche Mangelware. Dementsprechend schnell avancierte das hervorragende Spiel zum Geheimtipp und gewann sehr schnell einen grösser werdenden Anhängerkreis.

    Im Jahr 2003 erschien daraufhin über den Publisher Matrix Games der Vollpreistitel "Highway to the Reich". Basierend auf der selben Engine erweiterte Panther Games das Spiel um zwei dutzend Szenarien, jedoch mit schöner gezeichneten Karten, welche alle Gefechte der gesamten Operation "Markt Garden" beeinhaltete.

    2006 erschien "Conquest of the Aegean" und schlussendlich im Jahr 2010 "Command Ops: Battles from the Bulge". Bei diesen beiden Titeln verlegte Panther Games, wie die Titel schon nahelegen, das Schlachtgeschehen auf den Balkan (Griechenland und Kreta) sowie in die belgischen Ardennen. Beide Titel waren äusserst erfolgreich, und erfreuten sich einer grossen Modder-Szene, welche ein umfangreiches Sammelsurium von teilweise sehr hochwertigen Szenarien (per mitgeliefertem Editor) beisteuerten. In der Wargamingszene gelten die Spiele von Panther Games als sehr realitätsgetreue Strategiebollwerke mit einer unangefochten guten künstlichen Intelligenz.


    In "Command Ops: Highway to the Reich" (im folgenden Review nur noch CO:HttR genannt) hat man also die Möglichkeit, wahlweise als Anglo-Amerikanischer oder Deutscher Kommandeur, die Schlachten des Septembers 1944 in Holland zu schlagen. Es gibt wohl kaum ein anderes Spiel, auf das die berühmte Phrase "Easy to lean - Hard to master" besser zutrifft als auf die Spieleserie von Panther Games.

    Wenn gewünscht, kann man das manövrieren und operieren seiner Einheiten komplett der KI überlassen. In dem in Echtzeit laufenden - aber jederzeit pausierbaren - Spiel, sind komplette und komplexe Kommandostrukturen vorhanden, und falls gewünscht übernimmt die KI des Korps- oder Armeekommandeur sämtliche Aktionen. Einsteiger ohne Vorkenntnisse der Serie haben so die Möglichkeit, sich relativ rasch in das doch recht komplexe Spiel hineinzuarbeiten ohne das zweihundert Seiten umfassende Handbuch zu studieren.



    Der Spieler selber hat aber natürlich auch die Möglichkeit seine Truppen bis ins kleinste Detail, also bis hin zum Verpflegungszug, selbst zu steuern. Die Kommandostruktur ist flexibel, so können Züge und Kompanien anderen Bataillonen oder Regimentern unterstellt werden. Die KI verrichtet hervorragende Arbeit was das Kommandieren seiner Einheiten betrifft und selbst erfahrene Spieler überlassen die Detailsteuerung meist der KI. Insbesondere im Einsatz der Artillerie - von kleinsten Mörsern bis hin zu schwersten Kalibern - empfiehlt es sich, sich auf seine KI Untergebenen zu verlassen. Diese koordinieren minutengenau die Artillerievorbereitungen oder schiessen in geballten Feuerschlägen ganze Feindkonzentrationen zusammen.

    Die Mehrzahl der Spieler steuert - soweit ich im laufe der Jahre mitbekommen habe - seine Armee auf Bataillonsebene. Das heisst, man gibt dem Bataillons HQ einen Befehl und dieses kümmert sich dann um die Umsetzung nach eigenem Ermessen. Kompanien werden in Stellung gebracht, Reservezüge als Eingreifreserve bereit gehalten und angeschlossene Granatwerfertrupps machen sich in abgelegenen und sicheren Mulden feuerbereit. Es ist ein Genuss zu sehen, wie sich die Formationen bewegen und ihre Route planen. Truppen ziehen von Verfügungs- in Bereitstellungräume vor. Die Korpsartillerie setzt kurz vor dem Angriff ein und belegt ausgemachte Stellungen mit Sperr- und Unterdrückungsfeuer. Grandios.

    Natürlich hätte man, wie oben angesprochen, auch die Möglichkeit dies alles selber zu tun. Aber in Anbetracht der Grösse vieler Karten und der Anzahl der zur Verfügung stehenden Formationen, würde dies nicht nur extrem ins Micromanagement übergehen, sondern den Spieler auch einen grossen Teil des Spielspasses berauben. Nichts desto trotz wird man nicht umhin kommen, einmal den einen oder anderen Truppführer direkt zu befehlen oder in die Kommandostruktur einzugreifen.



    Die zur Verfügung stehende Befehlspalette ist umfangreich und umfasst so ziemlich jeden Befehl, der in der taktischen Kriegsführung denkbar ist (z.B. Scheinangriff, Verzögern, Absetzen etc.). Es heisst aber nicht, dass jeder Befehl, im Gegensatz zur Mehrzahl der auf dem Markt befindlichen Strategiespiele, auch ausgeführt wird. Ob nun ein Befehl über die Kommandostruktur weitergegeben wird oder direkt vom Spieler selbst, macht hierbei keinen Unterschied. Ist eine Kompanie beispielsweise zu erschöpft oder demoralisiert, wird diese einfach in ihren Schützenlöchern bleiben. Komme was wolle. Und wenn die Situation zu brenzlig wird, wird sich eine Kompanie in den Dienst der Waffen-SS gepresster Hilfswilliger doch eher eigenmächtig zum Rückzug entscheiden, anstatt eine motorisierte britische Schützenkompanie aus der Flanke heraus anzugreifen.

    Moral, Zusammenhalt (Cohesion) und Erfahrung spielen eine grosse Rolle. Auch die Erfahrung der jeweiligen Unterführer wirkt sich bei vielen Entscheidungen aus. Insbesondere die Deutschen schafften um Nimwegen, Eindhoven und Arnheim alles ran was irgendwie im Umkreis von 150 Kilometern zu greifen war. Neben Ausbildungs-, Genesenen- und Küstenschutzbataillone, auch Fliegerhorst- und Marine-Infanteriekompanien. Selbst RAD- (Reichsarbeitsdienst) Einheiten wurden an die Front und den Alliierten Fallschirmjägern entgegen geworfen. Historisch korrekt hat man dementsprechend nur wenige gute Einheiten der Waffen SS und der Wehrmacht, die der Spieler an Schlüsselpositionen einsetzen muss. Diese haben dann die Hauptlast bei den Deutschen zu tragen.

    Die zweit- oder eher drittklassigen Einheiten, die also die Mehrheit bei den deutschen Truppen stellen, sollten dementsprechend eingesetzt werden. Zur Sicherung ruhiger Abschnitte oder um den Einschliessungsring um die britischen Fallschirmjäger und Luftlandetruppen im Raum Arnheim zu schliessen. Man kann mit ihnen auch begrenzten Druck ausüben, da insbesondere den britischen Fallschirmjägern bei Arnheim recht schnell die Munition ausgehen wird. Den Panzern des auf dem Landweg vorrückenden britischen XXX.Korps, braucht man solche Formationen jedoch nicht in den Weg stellen. Zumindest nicht mit der Hoffnung, dass diese alleine auf sich gestellt etwas ausrichten könnten.



    Ein weiterer fordernder und interessanter Aspekt der Serie ist die Verzögerung der Befehle. Will heissen, dass von der Übermittlung eines Befehls, bis zur Ausführung einige Zeit verstreicht. Auch abhängig von der Erfahrung der untergebenen Truppenführer sowie der Entfernung zur vorgesetzten Kommandostelle, kann diese Verzögerung bei realistischenr Spieleinstellung durchaus 30 Minuten dauern. Insbesondere wenn der gegebene Befehl eine komplexere Aufgabenstellung beeinhaltet, bei der beispielsweise eine grössere Zahl von Formationen kontaktiert werden muss. Natürlich lässt sich diese Verzögerung auch deaktivieren oder minimieren. Die Würze geht dabei aber doch verloren. Neulinge sollten aber ruhig ohne, oder mit reduzierter Verzögerung starten. Später kommt man schon selber darauf, dass dies ein wesentlicher Bestandteil des Spieles ist und viel Atmosphäre und Spannung verloren geht, wenn man ohne realistische Verzögerung spielt.

    Wie bereits angesprochen läuft das Spielgeschehen in CO:HttR in Echtzeit ab, mit der Möglichkeit das Spielgeschehen zu beschleunigen. Aufgrund der Komplexität und der Grösse einiger Karten wird der Spieler davon aber eher selten Gebrauch machen. Man ist meist damit beschäftigt seine Truppen zu inspizieren und die Lage auf der Gefechtskarte zu betrachten. Lediglich in der Nacht, wenn die Gefechte zur Ruhe kommen, wird man desöfteren auf die Schnelllaufoption zurückgreifen. Die Operation Market Garden wurde seitens der Alliierten nach rund neun Tagen als gescheitert betrachtet, dementsprechend beträgt die maximale Dauer eines Szenarios auch nur diese Zeitspanne. Wer jetzt annimmt, dies sei relativ kurz, muss sich aber vor Auge führen, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer mit wenigen Stunden Freizeit am Abend, bestenfalls ein Ingametag pro Spielabend bewältigt.



    Das Add-On beeinhaltet 13 Szenarien. Dies sind nicht einmal halb so viele wie im "Original" von 2003. Kampagnenspiel ist, wie in der Serie üblich, nicht möglich. Bei CO:HttR ist dies aber zumindest als deutscher Spieler nicht besonders wichtig, da es keine deutschen Einheiten gab, die an mehr als an einem Kernschauplatz im Einsatz waren. Dennoch hoffe ich aufrichtig, dass zukünftige Releases endlich verlinkte Kampagnen enthalten. CO:HttR enthält zumindest eine nagelneue riesige Karte, welche den gesamten Operationsabschnitt zwischen der Maas - südlich von Nimwegen - bis Arnheim am Niederrhein umfasst.

    Wer in Besitz des Hauptspiels "Command Ops: Battles from the Bulge" ist und die Version von "Highway to the Reich" aus dem Jahr 2003 nicht sein eigen nennt, sollte ohne weiteres zugreifen. Problematisch wird es für diejenigen, die nun Lunte gerochen haben aber das Hauptspiel nicht besitzen. Denn dann wird es relativ kostenintensiv. Das Hauptspiel schlägt mit 50,- Euro zu Buche und wenn man die Kosten des Add-On`s in Höhe von 20,- Euro addiert kommt ein stattlicher Betrag zusammen. Andersrum gesehen ist "Command Ops: Battles from the Bulge" ein Meisterwerk für sich und sicherlich jeden Cent wert. Neulinge der Serie könnten hier ihren Einstieg finden und bei Gefallen mit dem Add-On nachlegen.





    Fazit:
    Ein intensives Strategiespiel Epos, das hinsichtlich Gameplay und künstlicher Intelligenz nach wie vor seines gleichen sucht. Für den geringen Preis des Add-On`s nahezu ein Pflichtkauf. Besitzer von "Highway to the Reich" aus dem Jahre 2003 werden hingegen wenig Neuerungen finden. Abgesehen von einer neuen gigantischen Karte und natürlich der Tatsache, dass das Add-On nun die neueste Generation der Engine von Panther Games verwendet, relativ wenig erwähnenswertes.

    Grafik & Sound 7/10
    Unspektakuläre aber zweckmässige Grafik sowie Szenarienkarten, denen man auf den ersten Blick alle wichtigen Geländedetails entnehmen kann. Wenig abwechslungsreiche Geräuschkulisse. Erfüllt zwar alles seinen Zweck, aber Panther Games darf hier gerne mit dem nächsten Release mal etwas mehr künstlerischen Ehrgeiz zeigen.

    Steuerung & Interface 7/10
    Man merkt es natürlich dem Spiel an, dass das Interface im Grunde zehn Jahre alt ist. Die Menü- und Kommandoleiste beeinhaltet eine Vielzahl von Reitern und Buttons und fällt zudem in Anbetracht der heutzutage hohen Auflösungen zu klein aus. Für hartgesottene Wargamer kein Hinderniss und selbst Neulinge dürften hier nach kurzer Einarbeitung zurecht kommen. Im Gegensatz zum Interface von "War in the East", bedienen sich die Spiele von Panther Games leicht wie eine I-Pad App. Dennoch müsste auch beim Interface mal etwas Nacharbeit geleistet werden. Wide Screen wird jedoch unterstützt.

    Atmosphäre 10/10
    Es gibt wenige Strategiespiele im Wargamesgenre, die in Sachen Atmosphäre an diese Serie heranreichen. Man fiebert mit jedem Angriff mit und jede Verteidigung einer Brücke, einer Strassenkreuzung oder eines Waldstücks wird zu einer Nervenprobe. Selten wurden fliehende taktische Zeichen derart beschimpft und verwunschen wie in dieser Serie.

    Spielumfang 9,5/10
    Ein gutes dutzend Szenarien, spielbar auf beiden Seiten mit unzähligen Einstellmöglichkeiten sowie Multiplayer. Für ein Add-On dieser Preisklasse gibt es nichts zu meckern. Weniger Szenarien als im Original, aber nach wie vor mit einem gigantischen Wiederspielwert. Keine Schlacht verläuft wie die andere.

    Künstliche Intelligenz 10/10
    Zugegeben. KI bleibt immer noch KI und reicht niemals an einen menschlichen Gegner heran. Aber hier ist die volle Punktzahl fast schon eine Untertreibung. Die KI weiss in der Regel was sie tut, ändert ihre Strategie und ist in vieler Hinsicht ein ernst zu nehmender Gegner. Umso erstaunlicher wenn man berücksichtigt, dass es sich hier um ein Echtzeitspiel handelt.

    Gesamtwertung: 87%



    NACHTRAG: Das Spiel ist mittlerweile erhältlich bei STEAM. Das Basis-Spiel "Command Ops" ist dort kostenfrei zu haben. Alle anderen DLCs (oder auch Module genannt) - wie eben "Highway to the Reich" sind kostenpflichtig. Es gibt einige neue Szenarien, die wirklich vielversprechend klingen. Wie zum Beispiel "Westwall".
    Kommentare 2 Kommentare
    1. Avatar von Pulk.
      Pulk. -
      Im NWS Store bekommt man noch das "alte" Original für wenig Geld: http://yhst-12000246778232.stores.ya...aytoreich.html
    1. Avatar von Vitus
      Vitus -
      Selten wurden fliehende taktische Zeichen derart beschimpft und verwunschen wie in dieser Serie.
      lol. Nice
  • TO END ALL WARS

  • TS Viewer

  • Supreme Ruler The Great War