• Paradox Interactive: Crusader Kings 2 REVIEW

    Ein Blick in meine höchst private Spielesammlung und auch in meine Steam-Liste zeigt deutlich, dass Paradox mit seinen Strategiespielen in den vergangenen Jahren nicht viel falsch gemacht haben kann. Während sich EU2 neben EU3 inkl. Rome und die beiden Victorias reiht und auch Hearts of Iron 1 bis 3 mit all seinen Erweiterungen so einigen Platz in Anspruch nimmt, fehlt doch Crusader Kings. Folglich war für mich der Blick auf Crusader Kings 2 eine echte Premiere.



    Bei diesem Spiel muss man gewaltig umdenken, das steht fest. Geht es bei den klassischen Paradox-Titeln in erster Linie darum, sein Land oder sein Reich auszudehnen, steht bei Crusader Kings 2 die eigene Dynastie im Vordergrund. Selbstverständlich darf man auch noch Armeen aufstellen und plündernd und erobernd durch die Lande ziehen lassen, jedoch ist in diesem Spiel alles etwas anders. Diese Unterschiede machen den Einstieg ins Spiel nicht so leicht, denkt man doch aufgrund der Optik des Programms, es wie immer mit einem "üblichen" Paradox-Spiel zu tun zu haben.

    Ziel des ganzen Strategiespiels ist es, die eigene Dynastie am Leben zu erhalten und dabei seinen Machtbereich auszudehnen. Wie erreicht man das? Man knüpft Kontakte zu anderen Herrscherhäusern und arrangiert Ehen. Ich habe mich in meinem Probespiel an das Herzogtum Zypern gewagt. Gestartet wurde im Jahre des Herrn 1066 anno domini. Geschichtsfreunde müssten jetzt aufhorchen, war Zypern zu dieser Zeit doch Teil des Byzantinischen Reichs. Folglich schulde ich mit meinem kleinen Herzog dem Byzantinischen Kaiser Treue, was mich mehr als einmal an den Rand des dynastischen Überlebens brachte.



    Selbstverständlich habe ich als Regent Freiheiten, wie ich mein Herzogtum regiere. Der Kaiser hat ja nicht überall Augen und Ohren. Zypern besteht aus zwei Provinzen, beide werden von mir direkt verwaltet. Als Vasallen stehen mir immerhin diverse Höflinge und Bürgermeister zur Seite, auf deren Gunst ich achten muss. Tanzt einer aus der Reihe und wird bei einer Intrige gegen mich oder eines meiner Familienmitglieder erwischt, habe ich diverse Möglichkeiten, wie ich mit dieser Person verfahre. Der Kerker ist hier das Mittel der Wahl. Entweder lasse ich den elenden Verräter im Loch verrotten. Oder ich habe ein Herz und schicke ihn in die Verbannung. Ganz gnädige Naturen holen den Missetäter zurück an den Hof.



    In meinen beiden Provinzen gibt es Städte, Burgen und auch kirchliche Einrichtungen. In den Provinzhauptstädten habe ich mich um Verbesserungen und Ausbau gekümmert. So darf man Stadtmauern hochziehen, den Burgfried ausbauen und die Infrastruktur des Dorfs aufpolieren. Auch Kasernen und andere militärische Einrichtungen dürfen errichtet werden. So vergrößert man die Steuereinnahmen und erhöht die Zahl der Wehrpflichtigen, die im Kriegsfall ausgehoben werden können. Da Byzanz eigentlich immer im Krieg gegen seine moslemischen Nachbarn war, verlangte der Kaiser regelmäßig auch nach den zypriotischen Soldaten für seine Feldzüge im Osten und an der Levante. Das geschieht dann voll automatisch. Die Truppen werden ausgehoben, eingeschifft und stoßen zum Hauptheer, das ebenfalls aus den Kontingenten der vielen byzantinischen Fürstern besteht. Hier ist man als kleiner Herzog dann zum Zuschauen verdammt. Stellt man sein Heer für eigene Unternehmungen auf, kann man das selbstverständlich auch selbst kommandieren.

    Derweil kümmert man sich daheim um Nachwuchs. Hat man geheiratet, lässt dieser nicht lange auf sich warten. Manchmal stirbt man jedoch sehr früh und der Nachfolger kann durchaus der erst zweijährige Sohnemann sein. Dann wird ein Regent bestimmt, der für den kindlichen Fürsten regiert, bis er volljährig ist. Als Vasall – wie es Zypern zu dieser Zeit nunmal war – muss man genau aufpassen, wem man sich anbiedert. So hat mich ein fataler Fehler Kopf und Krone gekostet. Als Fürst habe ich mich mit einer christlichen Prinzessin aus dem Königreich Abessinien verheiratet. Ein Sohn kam schnell zur Welt, ich selbst starb jedoch früh, so dass mein Nachfolger zeitig auf den Herzogsposten kam. Als Vormund benannte ich seine Mutter aus Abessinien. Diese hing jedoch dem "christlich-metaphysischen" Glauben an, den ich als Sohn dann auch annahm (ich hatte die Wahl, ein Ereignis Pop-up zwang mich zur Entscheidung) . Das war ein Fehler, den mir der Byzantinische Kaiser nicht verzieh. Er stieß mich aus dem Reich aus und schickte Truppen, die in großer Zahl recht schnell auf Zypern anlandeten und mein kleines Reich gnadenlos zerschlugen. Daraus habe ich dann gelernt.



    Es steht einem auch ein Rat zur Verfügung, den man mit Günstlingen besetzen kann. Diese nehmen sehr wichtige Aufgaben wahr und sind das Machtwerkzeug des Regenten. So darf zum Beispiel der Marschall Truppen ausbilden und Militärtechnologien erforschen. Der Kanzler kann Ansprüche auf andere Provinzen konstruieren, die dann auch eingefordert werden können. Das Personalkarrussell kann man lustig drehen wie man möchte. So darf man sich selbst als Vormund für Nichten und Neffen einsetzen, diese dann später in Schlüsselpositionen setzen und verheiraten, so dass man nach einer Weile Spielzeit einen recht ansehnlichen Familienstammbaum betrachten kann. Natürlich beschränkt einen das Spiel nicht auf kleine Fürstenhäuser. Man darf auch selbst den Byzantinischen Kaiser oder gar den des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nationen spielen. Das macht großen Spaß, ist aber viel Arbeit. Man führt dann dauernd Krieg und muss eine Unmenge Vasallen bei der Stange halten, die zum Revoltieren neigen. Bisher noch nicht spielbar sind heidnische und moslemische Dynastien und auch Venedig als Republik darf nicht regiert werden. Tabu ist zudem der Kirchenstaat mit dem Papst an der Spitze.



    Ist man katholisch, mischt sich auch noch der Papst ein. Dieser ruft hin und wieder zum Kreuzzug auf. In meinem Spiel war desöfteren Tyrus im heutigen Libanon das Ziel eines solchen Feldzuges. Dort tauchen dann mitunter christliche Heere in beachtlicher Stärke auf und mischen die gesamte Region auf. Bis Jerusalem kamen sie jedoch nie. Eine ganze Reihe an Gesetzen und Dekreten regeln die Thronnachfolge. So kann man beispielsweise bestimmen, ob der Thronfolger weiblich sein darf. Ist der Hof zu klein, holt man sich gegen Gold Gelehrte, Geistliche und Debütantinnen in seine Burg. Diese stehen dann zum Verheiraten oder für den Rat zur Verfügung. Übrigens: Klassische Bündnisse wie in den anderen Paradox-Spielen üblich, gibt es bei Crusader Kings 2 nicht. Verheirate ich eine Tochter mit dem Deutschen Kaiser, dann ist dieser mit mir verbündet. Aber nur solange diese Ehe besteht. Danach ist alles beim Alten. Crusader Kings 2 ist kein Titel für strategische Leichtgewichte. Man braucht Einarbeitungszeit und auch das Spiel selbst braucht seine Zeit. Geduld muss man mitbringen. Schnell geht im Mittelalter nichts.




    Fazit
    Crusader Kings ist ein Strategiespiel, das den Spieler lange am PC halten kann. Das Spiel protzt mit Details und Handlungsmöglichkeiten und eröffnet dem Spieler Unmengen an Wegen, die er mit seiner Dynastie gehen möchte. Fans der Paradox-Spiele werden eine Weile brauchen, bis sie sich zurechtfinden werden, aber die Mühe lohnt sich. Man darf auf Add-Ons und DLCs gespannt sein, ist derzeit doch "nur" die Karte des europäischen Mittelalters sichtbar. Die dortigen christlichen Dynastien sind in einem Zeitraum von 1066 bis 1453 spielbar.

    Grafik & Sound 8/10
    Paradox liefert mit Crusader Kings 2 eine gewohnt gute Optik der Landkarte, die wie immer nach wirtschaftlichen, politischen oder topografischen Ansichten gewechselt werden darf. Schön gemacht sind die Bergzüge und Hügelketten, die sich deutlich auf der Karte abheben. Die Konterfeis der jeweiligen Protagonisten sind nett gezeichnet und unterscheiden sich von denen der anderen Regenten. Die Musik ist passend und atmosphärisch, ansonsten erwarten einen die üblichen Geräusche wie die von marschierenden Soldaten oder Schmiedegehämmer beim Burgenbau.

    Steuerung & Interface 7/10
    Auch wenn alles am Anfang überbordend wirkt, ist die Spielsteuerung logisch und auch zielführend. Ein Klick auf das Bild einer Person und man hat alle Möglichkeiten offen, wie man interagieren möchte. Auch Handlungsmöglichkeiten in den Provinzen sind einfach und schnell gefunden, ohne sich durch Unmengen an Untermenüs durchklicken zu müssen. Allerdings lässt die Zahl der im Spiel befindlichen Personen, die für einen wichtig sind, mitunter die Übersicht verlieren.

    Atmosphäre 8/10
    Die Musik trägt maßgeblich die Atmosphäre des Spiels. Dabei hat man stets mittelalterliche Klänge im Ohr, die auch mal sehr tragend und kirchlich daher kommen. Das passt gut zum Szenario.

    Spielumfang 8/10
    Es ist richtig, dass man mit den vorhandenen Dynastien sehr lange beschäftigt sein dürfte. Allerdings fragt man sich schon, warum nur Europa bis zum Ural, Nordafrika und der Nahe Osten als Spielfläche zur Verfügung stehen und warum auch nur christliche Dynastien gespielt werden dürfen. Vielleicht tut sich hier ja in Sachen Add-Ons noch was.

    Künstliche Intelligenz 8/10
    Keine groben Schnitzer erlaubte sich die KI. Die meisten Aktionen waren durchaus nachvollziehbar. Obwohl manche Vorschläge zur Hochzeit, die einem unterbreitet wurden, zum Schmunzeln einluden, was das Alter der beiden möglichen Eheleute anging. 30 Jahre Alterunterschied machten der KI nichts aus. Der Byzantinische Kaiser als mein Lehnsherr agierte stets logisch und strafte ab, wenn ich aus der Reihe tanzte. Gut!



    Gesamtwertung: 78%


    Das Spiel ist erhältlich bei Paradox Interactive: -> Produktinformation <-

    Kommentare 9 Kommentare
    1. Avatar von vonKleist
      vonKleist -
      Dann wollen wir doch mal schauen was das Spiel so hergibt.
    1. Avatar von Bronko1940
      Bronko1940 -
      Sehr interessant. Kenne den ersten Teil nicht, habe aber schon ne ganze Weile ein Auge auf diesen Nachfolger geworfen. Werde es mir wohl zu Gemüte führen.
    1. Avatar von KillerSprotte
      KillerSprotte -
      Danke für die schöne Anregung, Basti. Mal ein Spiel ohne Panzer bzw. neumodischen Kram. Da hab ich wohl meine Wochenendbeschäftigung gefunden.
    1. Avatar von Tribun76
      Tribun76 -
      @Hannes Ich hab den Multiplayer nicht getestet. Wenn du Bock hast, können wir am Wochenende mal ne Runde versuchen. Aber lieber im Coop. Mir schwebt da so ne Art Königreich Galizien neben Leon vor, die sich gegenseitig mit Bräuten beliefern und den Rücken gegen die Mauren freihalten!
    1. Avatar von Wenck
      Wenck -
      Wollte das Review bewerten, aber es fehlt die Option dazu
    1. Avatar von Schakal
      Schakal -
      Artikel kann jetzt auch bewertet werden, viel Spass .
    1. Avatar von Bronko1940
      Bronko1940 -
      So, ich habe es nun auch. Leider habe ich grade kein Internet und musste dementsprechend feststellen, dass es nur Online installierbar ist.
    1. Avatar von Vasquez
      Vasquez -
      Bestes Paradox Spiel seit HOI II meiner Meinung nach und aus der Verkaufsbox heraus bereits nahezu fehlerfrei. Ich hatte schon mit Sengoku meinen Spass (Wertung 86%) aber CKII legt noch ein paar Schippen drauf. Ganz zu schweigen davon, dass ich mich mit dem europäischen Mittelalter besser identifizieren kann als mit dem feudalen Japan. Topp !
    1. Avatar von KillerSprotte
      KillerSprotte -
      Da stimme ich dir absolut zu. Aber was das noch toppen würde, wäre eine Multiplayerpartie wo sich alle um die Gunst des Kaisers streiten oder sogar selber den Thron besteigen wollen.
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