• AGEOD: Alea Iacta Est REVIEW

    "Der Würfel ist geworfen", sprach Gaius Iulius Caesar und überschritt im Jahr 49 vor Christus mit einer Legion den Fluss Rubikon und marschierte auf Rom, nachdem er zuvor von Prokonsul Gnaeus Pompeius Magnus aufgefordert wurde seine Legionen aufzulösen. Der Römische Bürgerkrieg zwischen Gaius Julius und Pompeius dauerte mehrere Jahre und wurde in Italien, Sizilien, Spanien, dem Balkan und Afrika ausgetragen. Dies aber nur als kurze Information, woher der lateinische Spieltitel seinen Ursprung hat.

    "Alea Iacta Est" (im Nachfolgenden Review auch mit AJE abgekürzt) ist der siebte Titel des französischen Strategiespiele-Entwicklers AGEOD und der direkte Nachfolger zu "Pride of Nations", der uns vor gut einem Jahr in die Kolonialisierungsära des 19. Jahrhunderts verfrachtete. Neben seinem komplexen Wirtschaftspart stach Pride of Nations besonders durch seine mitunter unterträglich langen KI-Berechnungszeiten hervor. Es sind sogar glaubwürdige Belege dafür im Netz, dass manche Spieler die Pausen zwischen den eigenen Spielrunden nutzten, um ihre Wohnung frisch zu streichen.
    Hier kann ich die Leser aber gleich beruhigen. Die KI in AJE benötigte bei meinen Testsystem nur rund 30 Sekunden für die Berechnung und Ausführung ihrer Runde. Und dieses mal habe ich mir ganz besonders viel Zeit genommen, um das Spiel zu durchleuchten.

    Aber fangen wir einmal von vorne an. AGEOD, die ihr Jointventure mit Paradox Interactive vor einigen Monaten aufgelösst haben, haben sich mit AJE eine bislang kaum abgedeckte Zeitepoche ausgesucht. Zwar stehen Strategiespiele im Zeitalter Roms hoch im Kurs, decken für gewöhnlich aber nur die Eroberungskriege des Römischen Imperiums ab. In AJE stehen fünf Kampagnen zur Auswahl, wovon vier im Grunde nur die Konflikte innerhalb des römischen Grossreiches zum Inhalt haben. Während meiner Testspielzeit habe ich ausschliesslich die dritte und längste Kampagne gespielt, eben besagter Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius.



    Was direkt positiv auffällt, ist die recht ansprechende Kampagnenkarte. Während man bei Pride of Nations schon ein hartgesottener Strategiespiele-Fan sein musste, um die rudimentäre Grafik zu ertragen, hat man bei AJE wieder auf eine bessere grafische Darstellung geachtet. Die Karte kommt zwar optisch nicht an die neueren Releases von Paradox Interactive, wie Crusader Kings II oder Senguku, heran, hat aber durchaus Charme und ist gut ansehnlich.
    Das Scrollen der Map ist bei komplett herausgezoomter Karte allerdings sehr hakelig. Diesem Problem kann schnell entgegengetreten werden, indem man die Maximalansicht einen Tick verkleinert oder die Darstellung der Grenzen deaktiviert. Dann scrollt man flüssig. Warum sowas nicht im Rahmen der Qualitätsprüfung vor dem Release auffällt, ist mir allerdings ein Rätsel. Weitere Perfomancebrecher oder Bugs sind mir in mehreren Spielabenden, abgesehen von einem nicht reproduzierbaren Clientabsturz, nicht aufgefallen.

    Kenner der AGEOD Spiele werden sehr schnell mit dem Spiel zurecht kommen. AJE verzichtet komplett auf das in Pride of Nations eingeführte Wirtschaftmanagement, sondern konzentriert sich im Grunde wieder auf die reine militärische Kriegsführung und der Armee- und Nachschubverwaltung. Man darf lediglich in den zahlreichen Provinzen politische Entscheidungen treffen und die Infrastruktur verbessern. Später dazu mehr.



    Ein Tutorial steht zur Verfügung, das aber recht kurz gehalten ist und nur minimale Einstiegshilfe bietet. Spieler, die nie zuvor einen Titel aus dem Hause AGEOD gespielt haben, kommen daher um das Studium des 100-seitigen Handbuchs nicht herum. Immerhin wird dieses als deutsche .pfd-Datei mitgeliefert und ist gut übersetzt. Das Kommandosystem und die Armeestrukturierung ist zudem wie in Pride of Nations eher einfach gehalten und nicht derart komplex wie beispielsweise in AGEOD´s "American Civil War - The blue and the gray". Dennoch benötigt AJE einiges an Einarbeitungszeit, um die vielen Zusammenhänge und Details zu verstehen. Sobald man erst einmal mit den Nuancen vertraut ist, ist die Engine durchaus logisch, ansprechend und äusserst realitätsgetreu. Bis es allerdings soweit ist, könnte die Geduld vieler Gelegenheits-Strategen aber schon überfordert gewesen sein.

    Eine Spielrunde umfasst in AJE 15 Tage. Während der aktiven Runde gruppiert man seine Einheiten um, gibt Marschbefehle oder trifft andere Entscheidungen. Hat man alles zu seiner Zufriedenheit geplant, beendet man die Runde und harrt der Dinge. Das Spiel greift auf das eher selten verwendete "We-Go"-System zurück, bei der alle Fraktionen ihre Züge planen, die dann gleichzeitig zur Ausführung kommen. Natürlich ist dadurch ein deutlich realistischeres Gameplay garantiert, als bei den üblichen "IGo-UGo"-Strategiespielen, bei der erst eine Fraktion seine Runden ausführt und Schlachten schlägt und anschliessend dann der Gegner an der Reihe ist. Bei AJE kann die feindliche Streitmacht somit schon weitergezogen oder ausser Sichtweite sein, bis die eigene Armee am Bestimmungsort eintrifft. Für mich macht das aber einen grossen Teil des Reizes der AGEOD Spiele aus, weil man nicht weiss, ob die eigene Planung gut genug war, oder ob der Gegner mir ein Schnippchen geschlagen hat.



    Entscheidend bei der Kriegsführung sind nicht nur die Planung und die zur Verfügung stehenden Truppen, sondern auch die kommandierenden Generäle. Die weisen eine Vielzahl von Eigenschaften, Boni oder Mail aus, die das Zünglein an der Waage sein können. Eine Eigenschaft des Charakters gibt zum Beispiel an, wieviel Initiative der Kommandeur hat, was wiederum beinflusst, wie gut dieser offensive Handlungen vornehmen kann. Je nach Eigenschaften und Rang kann ein General oder Praetor mehr oder weniger Truppen effizient führen. Sofern erforderlich, können einer Armee aber auch weitere Unterführer zugewiesen werden. Ein guter General kann auch mit mittelmässigen Truppen Erfolg haben, wohingehend die erfahrensten Truppen schon mal das Feld vorzeitig räumen, wenn der Kommandeur ein stümperhafter Amateur ist.

    Wie in den meisten AGEOD Titeln ist auch bei AJE der Nachschub von entscheidender Bedeutung. Eine vernünftige Infrastruktur und durchgehende Nachschubwege sind ebenso vonnöten, wie Depots und Nachschubtrosse. Wer seinen rückwärtigen Raum offen wie ein Scheunentor lässt, riskiert bald ohne Nahrung und Munition (z.b. Pfeile) dazustehen. Im Screenshot unten habe ich zum Beispiel Antonius mit seiner Arme nach Athena entsandt um die Stadt zu belagern. Bei seinem Weg dorthin konnte dieser aber keine durchgehende Nachschublinie etablieren, so dass ich einen Praetor mit einer Auxilia Einheit hinterher marschieren lasse, um auszuhelfen.



    Eine Vielzahl von Events bereichern das Spiel und garantieren eine dichte Atmosphäre. Aufstände durch Sklaven oder untreu gewordene Vasallen sorgen dafür, dass man kaum zur Ruhe kommt. Während ich Pompeius durch halb Spanien hetzte, zeitgleich durch Griechenland vorankämpfte und Sizilien gegen die Anlandung einer mit meinen Feinden verbündeten Armee aus Nordafrika verteidigte, erhoben sich Sklaven in Süditalien und liessen es mich bereuen, nur zwei Auxilia-Einheiten in Rom stationiert zu haben. Also musste eine Legion wieder kehrt machen und hier für Ruhe sorgen.

    Auch will Rom ständig mit Getreide versorgt werden, sonst droht im Zentrum der Macht ein Aufstand. Die Kornkammern Roms sind zum Großteil noch unter Kontrolle des alten Senats und es ist Eile geboten, diese in Besitz zu bringen. Abgesehen von Sizilien, wo sich eine von vier grossen Getreidevorkommen befindet, ist dies leichter gesagt als getan. Ägypten und Tunesien sind weit weg und solange ich in Spanien nicht für Ruhe gesorgt hatte, war an ein Übersetzen nach Afrika nicht zu denken. Ganz zu schweigen davon, dass erst die Marine ausgebaut werden muss.



    Die KI schlug sich ausserordentlich gut und durchkreuzte ständig meine Pläne. Mehrmals schlüpfte mir Pompeius durch die Finger und sorgte mit Anlandungen in meinem Hinterland für unterbrochene Nachschubwege. Ich startete die Kampagne insgesamt vier mal und jedes mal entschied sich die KI für eine grundlegend andere Strategie. Das Schlachtenglück war bislang aber auf meiner Seite, was besonders der besseren Moral und der hohen Erfahrung von Ceasars treu gebliebenen Legionen zu verdanken ist. Ein paar siegreiche Schlachten hintereinander und die Moral der Gegner fiel noch weiter ab. Hoffen wir, dass sich das Schlachtenglück nicht wendet. Ein oder zwei Niederlagen und die Stimmung könnte schnell wieder kippen.

    Die Gefechte werden automatisch ausgefochten, sofern beide Parteien sich dem Kampf stellen. Hier werden nicht nur Truppenstärke, Erfahrung und Moral berücksichtigt, sondern auch Faktoren wie Gelände oder Überraschung. Kleinere Einheiten haben im schlechten Gelände deutliche Vorteile, weil der zahlenmässig überlegene Gegner nicht alle Elemente zeitgleich einsetzen kann. Daraus eröffnen sich viele Strategien wie Hinterhalte oder kämpfende Absetzbewegungen. Auch Kriegsgefangene können eingebracht werden und später ausgetauscht, als Sklaven verkauft oder neue Truppen mit ihnen aufgestellt werden.



    Im Entscheidungsmenü darf man man die Infrastruktur der Provinzen verbessern, Gesetze erlassen oder ganz einfach einen Spion anheuern um zu versuchen, die Tore einer belagerten Stadt zu öffnen. Es ist durchaus empfehlenswert, von den zahlreich zur Verfügung stehenden Optionen Gebrauch zu machen. Insbesondere Aktionen, die die Loyalität der Bürger erhöht, sind nicht zu unterschätzen. Will man doch sicherstellen, dass die ansässige Bevölkerung nicht bei erst bester Gelegenheit rebelliert.

    Im Rekrutierungsmenü hat man die Möglichkeit neue Legionen, Auxilias oder Milizen aufzustellen. Auch darf man in eroberten und gesicherten Provinzen - oder fremden Regionen - Söldner anheuern oder teilweise per Events germanische oder gallische Reiter verpflichten. Reguläre Legionen stampft man natürlich nicht über Nacht aus dem Boden und die Aufstellung benötigt auch etwas Zeit. Auch muss man bei AJE auch etwas umdenken und berücksichtigen, dass eine erfahrene Legion, sofern richtig eingesetzt und durch einen erfahrenen Veteranen geführt, über eine ganz erhebliche Schlagkraft verfügt. Klasse geht hier eindeutig über Masse.





    Fazit:
    Ernsthafte Strategen mit einer Vorliebe für antike Feldzüge sollten durchaus einen Blick auf Alea Iacta Est riskieren. Eine gewisse Einarbeitungszeit muss einkalkuliert werden. Auf spektakuläre Schlachtendarstellungen muss man jedoch verzichten.

    Grafik, Animation & Sound 6,5/10
    Die Grafik dürfte zwar anspruchvolle Spielernaturen nicht zu Begeisterungsstürmen hinreissen lassen, geht aber durchaus in Ordnung. Der Grafikstil hat Charme und die gezeichneten Eventkarten tragen zur Atmosphäre des Settings bei.

    Steuerung & Interface 6/10
    Wie schon in Review erwähnt, ist das Interface für Anhänger der AGEOD Spiele kein Hindernis und gilt in manchen Kreisen sogar als einer der besseren des Genres. Gelegenheitsstrategen und Neulinge der Serie haben aber durchaus einige Hürden zu überwinden. Im Grunde ist die Bedienungsoberfläche schon zufriedenstellend, obwohl es für AGEOD langsam Zeit wird, hier eine zeitgemässe Modernisierung ins Auge zu fassen, sofern man überhaupt vor hat neue Spieler anzuziehen und seine Zielgruppe zu erweitern.

    Atmosphäre 8/10
    Persönlich habe ich mich mit der Materie der Römischen Bürgerkriege niemals ernsthaft befasst. Dementsprechend war das Spiel für mich durchaus eine Art Geschichtsunterricht und die Atmosphäre hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Zugegeben, ich war anfangs nicht unbedingt Feuer und Flamme hinsichtlich der ungewöhnlichen Szenarien, das änderte sich aber schnell. Und eine Angelegenheit habe ich auch noch zu klären: Was hat es mit dem Mädel in Ägypten auf sich? Kleopatra oder so.

    Spielumfang 9/10
    Für gut 20 Euro wird wieder eine Menge Strategie geboten. Fünf Kampagnen, aus der Sicht jeder beteiligter Fraktion spielbar, sowie Multiplayer (PBEM). Für den Preis gibt es nichts zu bemängeln.

    Künstliche Intelligenz 9/10
    Die KI hielt mich ordentlich auf Trab und ich musste des öfteren vor Nervosität auf meine Aquila beissen. Wenn die KI angreift, dann tut sie das ordentlich und nach dem Motto: Klotzen, nicht kleckern. Und man halte Ausschau nach grossen Invasionsflotten.

    Gesamtwertung: 77%


    Testsystem: Core2Duo 8400 - 4GB Ram - GTX560Ti ->Folgt uns auf Twitter<- ->Besucht uns auf Facebook<-

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