Ich gebe es ganz offen zu. Als ich vor einigen Jahren die Trial zum allerersten Teil von Mount & Blade in die Finger bekam, da war ich sofort Feuer und Flamme. Ein vollkommen unverbrauchtes Spielsystem, Entwickler, die sich mal wieder was trauen. Ein frisches Spiel, das so ganz und gar nicht zum Mainstream passte. Das Salz in der Suppe von Mount & Blade war von Anfang an die überaus kreative Modding-Gemeinde. Machte die Vanilla-Version - auch vom quasi Nachfolger Warband - schon echte Laune, so entwickelten sich Mods wie 1257, 1866, Mount and Musket und nicht zuletzt die cRPG-Mod zu echten Klassikern. Als ich dann vor einigen Wochen die frohe Botschaft erfuhr, dass Mount & Blade mit einer "With Fire and Sword"-Fortsetzung in die nächste Runde geht, war die Freude überaus groß. Das Szenario soll nun ein gänzlich anderes sein. Die Handlung wurde ins Jahr 1655 versetzt und man schickt seine Truppe nun auch nicht mehr durch fiktive Lande, sondern durch Europa.
Allzu große Freudenstürme muss ich bereits jetzt ausbremsen, denn in der uns von Paradox zur Verfügung gestelllten Testversion reicht Europa leider nur von Warschau bis Moskau und von Königsberg bis zur Krim. Ob das bis zum Release so bleiben wird, wird sich zeigen. Auch die Zahl der Fraktionen ist übersichtlich und auf eben diesen Kartenabschnitt begrenzt. Nennenswert sind Polen und Schweden, sonst schlägt man sich mit Kosaken, Moskovitern und Krimbewohnern herum. Leider enthielt die vorliegende Vorabversion noch keinen Multiplayer Modus, der neben 15 neuen Mehrspielerkarten auch für bis zu 16 Spieler die Möglichkeit bieten soll, als Hauptmann einen Trupp Soldaten ins Gefecht zu führen.
Am Spielsystem selbst hat sich wenig geändert. Versierte M&B-Spieler werden sich sofort zurecht finden. Das fängt bei der Charaktererstellung an. Dort gibt es nur Nuancen, wie das man nun den Skillpunkt "Schießen zu Pferd" vergeben kann anstelle von "Bogenschütze zu Pferd".
Gänzlich neu sind Granaten, die man in die gegnerischen Reihen schleudern kann. Es gibt auch einen entsprechenden Skill. Details wie die, dass in Dörfern keine Rekruten mehr eingesackt werden können und man stattdessen in auf der Karte verteilten Söldnerlagern "einkaufen" muss bzw. in den Tavernen Schergen anwirbt, passen durchaus gut zum Setting.
Dabei sind die Anfänge hier schwieriger. Im Alleinritt Banden von zehn und mehr Banditen niederzumachen - was in den anderen Teilen durchaus keine allzu große Herausforderung darstellte - wird hier schwierig. Ungepanzert fällt man schneller blutüberströmt vom Pferd, als man gucken kann. Denn es wird scharf geschossen.
So genannte "Marksmen" nehmen einen mit Vorderladerbüchsen aufs Korn und treffen dabei auch über eine stattliche Distanz. Aufpassen. Natürlich kann man sich entsprechende Schützen selbst in seine Truppe einverleiben.
Für Leute, die die 1866-Mod oder Mount and Musket gespielt haben, wird das alles kein Problem sein. Ansonsten schwingt man auch in diesem Mount & Blade sein Schwert zu Pferde, reitet in die Gegner-Pulks und hackt um sich.
Die Entwickler dieses Add-Ons, übrigens auch Modder aus der Fanszene, erzählen erstmals eine stringente Story, die sich eng an der Novelle "Mit Feuer und Schwert" des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz orientiert. Ich habe von ihm in diesem Zusammenhang überhaupt erstmals gehört.
Wie in den Vorgängerteilen ist man keineswegs verpflichtet, die Questreihe durchzuziehen. Man kann auch getrost seiner eigenen Wege gehen und sich den jeweiligen Burgherren durch Aufträge andienen und später auch einer Fraktion beitreten. Übrigens: Belagerungsschlachten konnten wir in der Testversion noch nicht in Augenschein nehmen, da wir vom Level beschränkt waren. Aber man darf gespannt sein, wie es dann zum Release tatsächlich aussehen wird. Man soll wohl Burg- und Festungsmauern in die Luft sprengen und auch mittels Brunnenvergiftung die Verteidiger zur Aufgabe zwingen können.
Positiv anzumerken ist der Umstand, dass ich bei meinem Testspiel bereits als blutjunger Level-1-Recke stattliche 104 Söldner unter meinem Kommando haben dürfte. Und das ohne Begleiter, die man wie gehabt in den Tavernen der Städte in seine Bande einladen kann. Diese verhalten sich wie in den anderen Teilen auch, geben Ratschläge, zanken sich mit anderen Begleitern und wachsen im Laufe der Zeit zu unverzichtbaren Mitstreitern. Zwar sehen die Tavernen in unserer Testversion in jeder Stadt gleich aus. Doch hat man in den Kneipen eine Reihe neuer Optionen. Man kann für Geld einen deftigen Faustkampf anzetteln oder Gäste beleidigen, die rasch zur Blankwaffe greifen. Geschmackssache.
Städte wurden übrigens in der im 17. Jahrhundert in Russland üblichen Architektur gebastelt. Durchaus hübsch anzuschauen.
Königsberg von der strategischen Karte aus gesehen:
Innenansicht von Königsberg:
Ich habe die an 7idgaming.de von Paradox Interactive bereitgestellte Testversion ausgiebig gespielt und ich muss gestehen, dass ich unterm Strich ein klein wenig enttäuscht bin, was allerdings nicht die gewohnten Stärken von Mount & Blade betrifft.
Subjektiv gesehen gefällt mir das Setting nicht. Osteuropa bis zum Ural im 17. Jahrhundert ist nicht unbedingt die Epoche, die mich vom Hocker reisst. Ich hatte auf den 30-jährigen Krieg in Mitteleuropa gehofft. Auf türkische Armeen, die vor Wien auftauchen.
Wo sind die spanischen Konquistadoren, die französischen Truppen, die in einem aus Stadtstaaten bestehendes Deutschland einfallen? Alles Dinge, die durchaus auch später nachgereicht werden könnten.
Es ist zwar gut gemeint, in diesem Mount & Blade eine Story einzubauen. Aber Hand aufs Herz: Wer braucht eine Story, wenn er sie selbst schreiben kann?
Das war immer die große Stärke dieses Spiels, es brauchte keine Story, keine Geschichte die erzählt werden muss. Darum hat sich der Spieler in seinem Sandbox-Paradies ganz alleine gekümmert. Auch das ist Geschmackssache, man muss der Storyline ja nicht folgen. An der Grafik hat sich in unserer Vorabversion kaum etwas geändert. Den Landschaften wurden hübsche Details wie Büsche und Sträucher hinzugefügt und auch sumpfähnliche Areale finden sich in den Weiten Russland.
Zahlreiche neue Kleidungs- und Rüstungsstücke findet der Spieler. Auch Waffen aus der Zeit, vom klassischen Vorderladergewehr der 17. Jahrhunderts, über Hellebarden und Krummsäbel, bis hin zu Pistolen, aber auch Schild und Schwert, sowie Axt und Speer finden auf den Schlachtfeldern des Ostens durchaus Verwendung.
Mein Preview-Fazit: Ich werde mir die Mod definitiv kaufen, deren Verkaufspreis übrigens bei unter 20,- Euro liegen soll und lege das auch allen M&B-Fans wärmstens ans Herz. Mit dem russischen Setting geht Taleworlds Entertainment mit Fire and Sword ganz neue Wege. Es wird sich zeigen, wie das Spiel zum Release dann in der Fangemeinde wirklich einschlagen wird.
Vorab Version von Mount & Blade - With Fire & Sword wurde zur Verfügung gestellt von Paradox Interactive. http://www.paradoxplaza.com/
Trailer:
Bildergalerie:
vBulletin-Systemmitteilung