• Wastelands Interactive: Strategic War in Europe REVIEW

    Die Zeit der rundenbasierten Wargames ist vorbei, prophezeite eine bekannte Grösse des Strategiespiele-Genres vor einigen Jahren. Ob er sich überhaupt noch an diese Aussage erinnert ist nicht bekannt. Entscheidend ist nur, dass er sich offensichtlich geirrt hatte. Spiele wie Panzer Corps, Battle Academy oder Gary Grigsby`s War in the East konnten ausserordentlich gute Verkaufszahlen vorweisen und brachten viele neue Spieler in dieses Genre, das aber nach wie vor eher nur eine Randgruppe bedient. Echtzeitstrategiespiele wie die Total War Reihe oder Titel aus dem Hause von Paradox Interative wie die Hearts of Iron oder Crusader Kings Serien dominieren nach wie vor die Regale der Strategiespieler.

    Aber die kleinen Nischen, die von den grossen Publishern und Entwicklungsstudios verschmäht werden, sind das Zuhause von vielen kleinen Spieleschmieden die nach wie vor mit viel Hingabe und Spass der schon mehrfach tot gesagten Rundenstrategie immer wieder gute Spiele zuführen. Eines dieser Studios ist das in Lodz ansässige symphatische Team von Wastelands Interactive. Rund sechs Monate nach ihrer letztem Werk, Time of Fury (7idGaming Wertung 76%), brachten sie auf derselben Engine nun "Strategic War in Europe" (im Nachfolgenden Review mit SWE abgekürzt) an den Start. Im Vergleich zu dem tiefgängigen und komplexeren Vorgänger ist SWE eher ein Strategie Leichtgewicht - ein sogenanntes "Beer & Bretzels" Game.

    Ihren eigenen Tugenden bleiben die polnischen Jungs von Wastelands Interactive mit SWE treu, da sich am eigentlichen Spielprinzip der Serie (Time of Warth, Storm over the Pacific, Time of Fury) auch mit dem neuesten Titel nichts ändert. Ihr lenkt Eure Nation, sowie optional auch die Verbündeten, rundenbasiert durch den zweiten Weltkrieg. Man produziert Einheiten, erforscht rudimentär neue Waffen bzw Technologien und führt - relativ minimalistisch - diplomatische Verhandlungen durch.

    Der Kern des Spiels ist jedoch nach wie vor die reine Kriegsführung. Im Grunde unterscheidet sich SWE spieltechnisch kaum vom Vorgänger "Time of Fury". Der wesentliche Unterschied der beiden Titel besteht darin, dass das aktuelle Produkt ordentlich entschlackt wurde. Im Grunde ist SWE eine verkleinerte Version von Time of Fury: kleinere Europakarte, weniger Optionen und Events, und die Einheiten stellen nun Armeen und Korps dar (Im Vergleich zur Divisions- oder Korpsebene des Vorgängers). Auch stellt nun eine Spielrunde einen Monat dar. "Time of Fury Light" sozusagen.



    Ich persönlich mag solche Spiele. Direkte Vergleiche zu Slitherine`s "Commander-Europe at War" oder Battlefront`s "Strategic Command Reihe" sind offensichtlich. Genau das richtige für eine kurzweilige Abendunterhaltung, wenn man nicht vor hat, sich den Kopf mit dem Verschieben von hunderten von Einheiten über die Karte im Wochentakt zu zerbrechen. Eine Spielsession SWE kann durchaus an einem Spielabend bestritten werden. Mein Favorit in Sachen kurzweiliger, strategischer Abendunterhalt stellt Gary Grigsby`s "World at War" dar. SWE kann im direkten Vergleich zwar nicht mit innovativen Überaschungen aufwarten, bietet hier aber solide Kost zu einem mehr als fairen Preis.

    Im allgemeinen Verweise ich auf unser Time of Fury (ToF) Review, denn Neuerungen sind in SWE nicht vorhanden. Persönlich habe ich ToF gerne gespielt, kam aber aufgrund der komplexität des Spiels nicht über das Jahr 1942 hinaus. Nicht dass ich nicht wollen würde, man kommt einfach zu garnichts mehr. Bei SWE habe ich im Rahmen des Reviews zwei Kampagnen durchgespielt und kam durchaus auf meine Kosten. Es stehen sechs Kampagnen zur Verfügung, jeweils eine in den Kriegsjahren 1939 bis 1944. Man hat die Möglichkeit eine der drei Allianzen zu spielen (Westalliierte, Achsenmächte oder die Sowjetunion) oder eine einzelne der 25 zur Auswahl stehenden Nationen.



    Zuerst widmete ich mich der 1941er Kampagne als Befehlshaber der Achsenmächte. Bei Szenariobeginn (Juni 1941) waren die Truppen bereits entlang der sowjetischen Grenze aufgefahren und ich schlug sofort zu. Auch befehligte ich die Truppen der Verbündeten Länder Italien, Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Im übrigen kann man jederzeit mittels F12 Taste die Führung einer Nation übernehmen oder der KI überlassen. Die Sowjetunion ging überraschend schnell in die Knie. Eine befürchtete böse Überaschung im Verlauf des Ostfeldzuges (zum Beispiel im ersten Russlandwinter) blieb aus. Nur im hintersten Ural und im Kaukasus hatte ich im unwegsamen Gelände so meine liebe Mühe, so dass es doch bis 1944 dauerte bis Russland aus dem Krieg ausschied. Währenddessen hielten mich die Alliierten in Nordafrika gut beschäftigt und es kostete mich einige Anstrengung hier nicht die Oberhand zu verlieren. Nachdem der Südflügel meines Russlandheeres jedoch schlussendlich über den Kaukasus durch den Irak stiess und von Osten in Ägypten einfiel, war der Krieg gewonnen.

    Die Festung Europa blieb relativ unangetastet. Ein scheinbar gescriptetes Event sorgte im Frühjahr 1944 für eine Anglo-Amerikanische Landung in Nordfrankreich, welche jedoch im direkten Gegenschlag wieder komplett ins Meer geworfen wurde. Die KI`s so mancher Produktserien glänzen ja bekanntermassen mit reiner Unfähigkeit, eine solide und anhaltende Invasion irgendwo voranzutreiben. Hier stellt SWE wohl leider keine Ausnahme dar. Ihr gelang es lediglich Narvik in Norwegen von meinen Truppen zu befreien, wobei ich es aber beliess. Der Sieg war nahe und ich wollte mich nicht mehr im Augenblick des Triumphes mit diesem kleinen Ärgernis beschäftigen.



    Mit der maritimen Kriegsführung habe ich mich auch nur oberflächlich herumgeschlagen. Ich empfand es recht schnell als zu zeitaufwändig mich mit der Atlantikschlacht auseinanderzusetzen. Ich sorgte dafür, dass meine Konvois über das Mittelmeer halbwegs intakt Nordafrika erreichten und belegte die britische Kriegsmarine rundenweise mit Angriffen meiner Luftwaffe. Bleibt der Nachschub länger aus, sind die Truppen dort verloren. So wie es eben war. Der maritime Bereich von SWE könnte meiner Meinung nach auch noch etwas verkleinert werden. Zwar gibt es nicht besonders viele Meereszonen (das Mittelmeer besteht zum Beispiel nur aus zwei), jedoch ist die Anzahl der Einheiten im Vergleich zu den wenigen Landeinheiten etwas aus dem Verhältnis geraten. Die italienische Marine besteht zum Beispiel aus rund 50 Einheiten.



    Bei meiner zweiten Testkampagne startete ich wiederum als Achsenmächte, dieses mal jedoch im Jahr 1939. Bis in das Jahr 1941 verhielt ich mich "historisch". Hier halfen auch Events die geschichtliche "Zeitlinie" zu wahren. Man wird gefragt ob man Dänemark besetzen will oder das Unternehmen "Weserübung" (die Besetzung Norwegens) starten möchte. Der Westfeldzug gelang ohne grosse Mühen. Auf eine Kriegserklärung gegen Griechenland verzichtete ich jedoch. Den Russlandfeldzug startete ich im Juli 1941 (hier gab es kein Event dazu). In Russland erwartete mich nun aber eine ganz böse Überaschung. Nach anfänglichen Geländegewinnen haben die Russen im Herbst 1941 (also nach rund drei Spielrunden) im Grunde mein gesamtes Ostheer zertrümmert. Ok dachte ich mir. Ich habe dieses mal den Gegner unterschätzt. Ich startete einfachheitshalber die gesamte Kampagne neu und spielte nun "ordentlich". Will heissen, ich konzentrierte mich bis zum Russlandfeldzug darauf möglichst wenig Verluste einzufahren und meine Bodentruppen so weit als möglich zu verstärken. Das Ergebnis blieb aber erneut das selbe.

    Ganze Horden von sowjetischen Panzerkorps, die auch noch einen Level höher als meine Panzereinheiten waren, rollten einfach über mich hinweg. Entweder verfügt die Russen KI über zu viel Ressourcen und kann in der Zeit von 1939 bis 1941 einfach zu viel bauen oder sie hat in der 1939er Kampagne zu viele günstige Events spendiert bekommen. In den Wastelands Interactive Foren gab es schon Diskussionen darüber. Ich möchte aber nicht verschweigen, dass es manche Spieler dennoch schafften die lange Kampagne zu gewinnen. Jedoch gaben sie erst der Operation Seelöwe (die Invasion Englands) den Vorzug und schlugen erst danach den Abnutzungskrieg im Osten. Wie dem auch sei. Auf jedenfall werde ich es weiter versuchen. Eine kleine Herausforderung kann nicht schaden.



    Fazit:
    Strategic War in Europe ist ein nettes Strategiespiel für zwischendurch und seinen Preis von knapp 15,- Euro auf jedenfall Wert. Im eigenen Shop von Wastelands Interactive ist das Spiel sogar für nur 13,- Euro zu haben. Wer mal wieder den Gegenwert von zwei Schachteln Marlboro unter das Volk bringen möchte und auf Steam nicht fündig wird, kann durchaus zuschlagen. Auf eine Einzelwertung der Kategorien verzichte ich, entsprechen diese doch im Grunde unserem "Time of Fury" Review. Zwar ist SWE nicht so komplex und umfangreich, dafür aber zu einem guten Preis zu haben.


    Gesamtwertung: 76%


    Das Spiel ist unter anderem erhältlich bei Matrix Games, Gamersgate oder direkt im Wastelands Interactive Shop.

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